Bürgerbeteiligung
Aktuelle Umfragen zeigen, dass das Vertrauen der Menschen in Verwaltung und Politik in den letzten Jahren offenbar geschwunden ist. Die Bürger hinterfragen zunehmend Entscheidungen der Politik und fordern eine direktere Beteiligung an Entscheidungsprozessen. So sind zuletzt große Infrastrukturprojekte wie der Ausbau des Flughafens München auf Protest vor Ort gestoßen. Selbst wenn die Verfahren durch gerichtliche Entscheidungen rechtskräftig abgeschlossen sind, besteht für Investoren die Gefahr, dass einmal Beschlossenes wieder in Frage gestellt wird. Diese Unsicherheit kann sich negativ auf den Investitionsstandort Deutschland auswirken. Großprojekte, die von Wirtschaft oder Verwaltung initiiert werden, sind jedoch auch in Zukunft notwendig. Das Vertrauen der Bürger in Politik und Verwaltung muss daher stets aufs Neue gewonnen werden. Dazu kann eine stärkere Bürgerbeteiligung wesentlich mit beitragen.
Chancen der Bürgerbeteiligung
Frühzeitige Information und Beteiligung der Bürger trägt zu einer besseren Aufklärung, zu mehr Transparenz und Akzeptanz der Planungsergebnisse bei. Sie hilft, Interessensgegensätze zu erkennen, um notwendige Anpassungen frühzeitig vornehmen zu können. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten und vergeblicher Planungsaufwand lassen sich so vermeiden. Bürgerbeteiligung fördert das Interesse der Bürger für örtliche Belange, weil sie bei konkreten Sachfragen mitwirken können, und bedeutet einen immensen Gewinn an Ressourcen und Ideen.
Der Dialog mit Bürgern, Kommunen oder Verbänden ist zwar aufwändig und langwierig, aber er zahlt sich aus: Offenheit, Transparenz und Kommunikation lohnen sich. Voraussetzung für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist jedoch nicht nur das strikte Befolgen des Gesetzes, sondern auch die Bereitschaft des Vorhabenträgers, eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung aktiv im eigenen Interesse durchzuführen.
Grenzen der Bürgerbeteiligung
Bürgerbeteiligung muss sich jedoch auch an der geltenden Rechtsordnung messen lassen. So ist das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen zu beachten, die Handlungsfähigkeit der kommunalen und landesverfassungsrechtlichen Organe muss gewährleistet bleiben. Ein Investor, dessen Vorhaben alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, hat auch dann einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung, wenn sich jemand durch sein Vorhaben negativ betroffen fühlt. Zugleich müssen die Rechte der Betroffenen bei der Planung beachtet werden.
Für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung sind Steuerung und Spielregeln notwendig. Es besteht ein Unterschied, ob eine interessierte Öffentlichkeit sich allgemein zu einem Vorhaben äußert oder ob ein Grundeigentümer oder Nachbar konkrete Rechtsbeeinträchtigungen befürchtet. Durch geeignete Verfahren muss gewährleistet sind, dass sich die Bürger in möglichst großer Zahl einbringen können - und zwar nicht nur besonders wortgewandte oder internetaffine Menschen. Dabei muss in jedem Einzelfall entschieden werden, wie die frühzeitige Beteiligung der Bürger bestmöglich erfolgen kann.
Gesetzlich geregelte Verfahren zur Bürgerbeteiligung
In Bayern gibt es eine starke Tradition von Volksbegehren und Volksentscheiden auf Landesebene und von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf Gemeinde- und Landkreisebene. Diese haben dazu beigetragen, die Bürgergesellschaft zu stärken und eine neue politische Kultur der Bürgernähe in den Gemeinden zu etablieren. Die Bürger können ihre Anliegen darüber hinaus in Form von Petitionen an den Bayerischen Landtag artikulieren oder Bürgeranträge stellen und an Bürgerversammlungen mitwirken.
Am 1. Juni 2015 trat das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes und anderer Rechtsvorschriften in Kraft. Das Gesetz verpflichtet Behörden, beim Vorhabenträger auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung schon vor Eröffnung des Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens hinzuwirken. Außerdem sollen im Verwaltungsverfahren rechtlich vorgeschriebene öffentliche oder ortsübliche Bekanntmachungen und zur Einsicht auszulegende Unterlagen zusätzlich im Internet zugänglich gemacht werden.
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